Umstrukturierungen

BFH: Steuerbegünstigung nach § 6a GrEStG bei Ausgliederung eines Einzelunternehmens auf eine neu gegründete Kapitalgesellschaft

BFH-Urteil vom 25.09.2024 – II R 2/22

Sachverhalt

Frau Y betreibt ein gewerbliches Einzelunternehmen in der Rechtsform des e.K. und hat in ihrem Betriebsvermögen ein inländisches Betriebsgrundstück bilanziert, welches sie für eigenbetriebliche Zwecke nutzt.

Aus Haftungsgründen hat sich Frau Y zusammen mit ihrem Steuerberater überlegt das Geschäft zukünftig nicht mehr in der Rechtsform des e.K., sondern einer GmbH auszuüben.Daraufhin überträgt Frau Y ihr gewerbliches e.K. als Ganzes inkl. des Betriebsgrundstücks im Wege der Ausgliederung zur Neugründung nach § 123 Abs. 3 Nr. 2 UmwG auf die Y-GmbH.

Die Finanzverwaltung vertritt im Einklang mit der Tz. 2.1 der gl. Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 25.05.2023 (BStBl. I 2023 S. 995) die Auffassung, dass die Ausgliederung zur Neugründung eines e.K. nach § 1 GrEStG der Grunderwerbsteuer unterliegt und eine Steuerbefreiung (insbesondere § 6a GrEStGnicht in Frage komme und setzt Grunderwerbsteuer fest.

Entscheidung des BFH

Ausgliederung ist grunderwerbsteuerbar

Der durch die Ausgliederung bewirkte Übergang des Eigentums an dem Grundstück auf die Y-GmbH unterliegt nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG der Grunderwerbsteuer.

Ausgliederung eines e.K. auf eine GmbH unterfällt § 6a GrEStG

Nach Ansicht des BFH liegt eine Ausgliederung gemäß § 6a Satz 1 GrEStG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 123 Abs. 3 Nr. 2, §§ 152, 158 UmwG vor. Es lasse sich dem Wortlaut des § 6a Satz 1 GrEStG keine Einschränkung dahingehend entnehmen, dass nur bestimmte Verschmelzungsvorgänge von der Norm erfasst sein sollen. § 6a Satz 1 GrEStG erfasst vielmehr alle Umwandlungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UmwG, folglich auch die Ausgliederungeines einzelkaufmännisch betriebenen Unternehmens auf eine Kapitalgesellschaft nach § 123 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 152 UmwG.

Ehemaliger e.K. ist herrschendes Unternehmen

Frau Y sei als „herrschendes Unternehmen“ i.S. des § 6a Satz 3 GrEStG anzusehen, denn dieser Begriff erfasse alle Rechtsträger i.S. des GrEStG und gelte selbst für natürliche Personen, die die Beteiligung an der abhängigen Gesellschaft im Privatvermögen halten und über die Beteiligung am Markt wirtschaftlich tätig sind. Der BFH hat bereits entschieden, dass auch Umwandlungsvorgänge zwischen einem Alleingesellschafter und der von ihm beherrschten Kapitalgesellschaft von § 6a GrEStG erfasst sind. Der Alleingesellschafter einer Kapitalgesellschaft kann damit herrschendes Unternehmen i.S.d. § 6a GrEStG sein (vgl. BFH-Urteil vom 21.08.2019 – II R 15/19 (II R 50/13), BStBl. II 2020 S. 329, Rn. 21).

Vorbehaltensfrist im Fall der Ausgliederung zur Neugründung unbeachtlich

§ 6a Satz 4 GrEStG schließe die Steuerbegünstigung nicht aus. Zwar waren weder das Einzelunternehmen noch Y als Alleingesellschafterin vor dem Umwandlungsvorgang fünf Jahre zu mindestens 95 % an der Y-GmbH beteiligt. Dies ist jedoch unerheblich, da beide aus Rechtsgründen vor dem Umwandlungsvorgang nicht an der Y-GmbH beteiligt sein konnten, da sie erst aufgrund des Umwandlungsvorgangs entstanden ist (vgl. BFH-Urteil vom 21.08.2019 – II R 16/19 (II R 36/14), BStBl. II 2020 S. 333 Rn. 25).

Nachbehaltensfrist ist bei Ausgliederung zur Neugründung zu beachten

Im Falle einer Ausgliederung eines Unternehmens eines Einzelkaufmanns auf eine zu diesem Zweck neu gegründete Kapitalgesellschaft bewirkt die Eintragung der Ausgliederung im Handelsregister das Erlöschen der von dem Einzelkaufmann geführten Firma, § 155 Satz 1 UmwG. Umwandlungsbedingt kann daher die Einzelfirma nicht mehr weiter an der Kapitalgesellschaft beteiligt sein, wohl aber der (frühere) Einzelkaufmann als Alleingesellschafter der Kapitalgesellschaft. Die Vorbehaltensfrist ist damit nicht einzuhalten.

§ 6a Satz 4 GrEStG sei daher dahingehend auszulegen, dass eine Nachbehaltensfrist umwandlungsbedingt insoweit eingehalten werden muss, als der nach Erlöschen des Einzelunternehmens als Alleingesellschafter an der Kapitalgesellschaft beteiligte (frühere) Einzelkaufmann diese Beteiligung in Höhe von mindestens 95 % über weitere fünf Jahre halten muss.

Anmerkung aus Beratersicht

Die Entscheidung des BFH ist uE wenig überraschend und deren jetzige Veröffentlichung daher umso erfreulicher. Der BFH hat klargestellt, dass es sich bei der Ausgliederung eines Einzelunternehmens zur Neugründung einer Kapitalgesellschaft nach § 123 Abs. 3 Nr. 2 UmwG um einen Umwandlungsvorgang im Sinne des § 6a Satz 1 GrEStG handelt. Er hatte bereits zuvor entschieden, dass eine Kapitalgesellschaft nach § 6a GrEStG steuerbegünstigt auf ihren Alleingesellschafter verschmolzen werden kann. Dasselbe gilt auch für den umgekehrten Fall der Ausgliederung eines Einzelunternehmens zur Neugründung einer Kapitalgesellschaft. Die Finanzverwaltung hatte dies bislang anders gesehen. Damit ist die Auffassung der Finanzverwaltung nicht weiter aufrechtzuerhalten.

Das Urteil ist für die Beratungspraxis wesentlich, da Betriebsgrundstücke als funktional wesentliche Betriebsgrundlagen i.S. des § 20 Abs. 1 UmwStG für eine Steuerneutralität zwingend mit einzubringen sind (vgl. BMF-Schreiben vom 11.11.20211, BStBl. I 2011 S. 1314 Tz. 20.06). Bisher ging man davon aus, dass dieser Vorgang Grunderwerbsteuer auslöst, die von der übernehmenden Kapitalgesellschaft als Anschaffungsnebenkosten auf das Betriebsgrundstück zu aktivieren ist.

Für die Gestaltung sollte beachtet werden, dass die Vergünstigung regelmäßig nur im Fall der Ausgliederung zur Neugründung nach § 123 Abs. 3 Nr. 2 UmwG möglich ist, da es ansonsten (Ausgliederung zur Aufnahme auf eine bereits bestehende Kapitalgesellschaft) an der fünfjährigen Vorbesitzzeit des § 6a GrEStG mangelt. Der BFH hat hier eine strenge Sichtweise (vgl. BFH-Beschluss vom 03.05.2023 – II B 27/22, BFH/NV 2024, 920 (NV)).

Auch ist zu beachten, dass Frau vorliegend noch für fünf Jahre zu mindestens 95 % an der Y-GmbH beteiligtbleiben muss, will sie die Begünstigung des § 6a GrEStG nicht verlieren. Das Betriebsgrundstück hingegen könnte von der Y-GmbH innerhalb der fünf Jahre steuerunschädlich veräußert werden, da es nach Ansicht des BFH alleine auf die Beteiligung ankommt.

Darüber hinaus ist zu beachten, dass die Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 6a GrEStG nur in Fällen der Umwandlung nach UmwG in Frage kommt. Wird ein Einzelunternehmen im Wege der Einzelrechtsnachfolge (z.B. Sachgründung § 5 Abs. 4 GmbHG) eingebracht, löst der Vorgang eine entsprechende Grunderwerbsteuerpflicht aus und eine Steuerbefreiung nach § 6a GrEStG kommt nicht in Betracht (BFH-Beschluss vom 22.11.2018 – II B 8/18, BStBl. II 2020 S. 153). 

In diesen Fällen sollte vorab die e.K.-Eintragung im Handelsregister erfolgen, damit eine steuerfreie Übertragung des Betriebsgrundstücks möglich ist. Damit bleibt Freiberuflern die Steuerbefreiung nach § 6a GrEStG regelmäßig verwehrt.Bei Einbringung in eine Personengesellschaft nach § 24 UmwStG kommt hingegen die Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 oder 2 GrEStG in Betracht.