FG Düsseldorf, Urteil vom 27.09.2024 – 3 K 3054/20, EFG 2025 S. 249; Rev. Az. des BFH: VIII R 32/24.
Sachverhalt
Der H ist mit 100 % am Stammkapital der H-GmbH beteiligt. Der H hält die Anteile an der H-GmbH in seinem steuerlichen Privatvermögen.
Alleinige Gesellschafterin der X-GmbH ist die H-GmbH.
Die X-GmbH geriet in den Jahren 2015 bis 2019 in wirtschaftliche Schwierigkeiten.
Der H gewährte der X-GmbH (mittelbare) Gesellschafterdarlehen i.H.v. insgesamt 488.000 EUR. Eine Verzinsungwurde nicht vereinbart.

Problem
Im Jahr 2019 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der X-GmbH eröffnet.Die Darlehen wurden von der X-GmbH insgesamt nicht an den H zurückbezahlt.
Streitig ist die steuerliche Behandlung des Darlehensverlustes i.H.v. 488.000 EUR bei H.
Entscheidung des FG Düsseldorf
Nach Ansicht des FG sind die Darlehensverluste steuerlich nicht abzugsfähig.
Keine Verluste nach § 17 EStG
Es liege weder ein Veräußerungsverlust noch eine nachträgliche Erhöhung der Anschaffungskosten auf die Beteiligung i.S. des § 17 EStG vor, da § 17 Abs. 1 EStG nur in Bezug auf unmittelbare Beteiligungen anzuwendenist. Denn auch wenn der Gesetzeswortlaut des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG auf mittelbare Beteiligungen Bezug nimmt, erlangt eine mittelbare Beteiligung in diesem Kontext nur dann rechtliche Relevanz, soweit auch eine unmittelbare Beteiligung bestand, diese veräußert wird und zu prüfen ist, ob der Veräußerer insgesamt zu mindestens 1 % beteiligt war (vgl. Oellerich in: Bordewin/Brandt, EStG, § 17 Rn. 151).
Keine Verluste nach § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG mangels Einkünfteerzielungsabsicht
Eine Berücksichtigung der Darlehensverluste bei den Einkünften aus Kapitalvermögen scheide aufgrund der fehlenden Verzinsung der Darlehensforderungen ebenfalls aus.
Zwar kann der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG in der privaten Vermögenssphäre grundsätzlich zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Abs. 4 EStG führen (vgl. BFH-Urteil vom 27.10.2020 – IX R 5/20, BStBl. II 2021 S. 600). Die für die Anerkennung solcher Einkünfte erforderliche Einkünfteerzielungsabsicht liege jedoch nach Ansicht des FG nicht vor.
Die Einkünfteerzielungsabsicht ist für jede Kapitalanlage getrennt zu beurteilen. Wird die Anerkennung eines Forderungsverlustes i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Abs. 4 EStG begehrt, kommt es entscheidend darauf an, ob der Steuerpflichtige mit der Kapitalforderung – wenn sie nicht ausgefallen wäre – positive Einkünfte aus Kapitalvermögen hätte erzielen können. Dies ist nach Ansicht des FG nur bei verzinslichen Kapitalforderungen der Fall. Denn wer einem anderen Kapital überlasst, ohne dass für die Überlassung Zinsen oder ein anderes Entgelt vereinbart wurde, kann das Kapital bestenfalls vollständig zurückerlangen, jedoch schlechterdings keinen Überschuss erwirtschaften und folglich auch keine positiven Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielen. Die Vermutungder Einkünfteerzielungsabsicht ist in einem solchen Fall widerlegt.
Gesamtbetrachtung bei mittelbaren Beteiligungen unbeachtlich
Eine Ausnahme von der vorgenannten Einzelbetrachtung macht die Rechtsprechung des BFH lediglich in Bezug auf Darlehen und Bürgschaften, die ein Gesellschafter „seiner“ Gesellschaft gewährt hat (BFH-Urteil vom 20.06.2023 – IX R 2/22, BFH/NV 2023, 1257). In einem solchen Fall bedürfe es einer Gesamtbetrachtung von Beteiligung und Darlehens- bzw. Regressforderung.
Maßgebend seien die gesamten „aus der Beteiligung“ erzielten Einkünfte, das heißt sowohl Wertsteigerungen als auch Ausschüttungen (§ 17 Abs. 1, 4; § 20 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG). Von einer fehlenden Einkünfteerzielungsabsicht sei nur dann auszugehen, wenn die Erzielung von positiven Einkünften insgesamt ausscheide.Nach Ansicht des FG ist der vom BFH entwickelte Gesamtbetrachtungsansatz nur für unmittelbare Beteiligungenanwendbar und ist auf mittelbare Gesellschafter schon deshalb nicht zu übertragen, weil diese aus der mittelbaren Beteiligung keine eigenen Einkünfte erzielen. Eine mittelbare Beteiligung diene mithin nicht dem mittelbar beteiligten Steuerpflichtigen, sondern nur der unmittelbar beteiligten Kapitalgesellschaft zur Einkünfteerzielung. Infolgedessen führen Finanzierungsmaßnahmen des mittelbar beteiligten Gesellschafters allenfalls zur Erhöhung der Einkünfte der zwischengeschalteten, unmittelbar beteiligten Kapitalgesellschaft.
Anmerkungen aus Beratersicht
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Das Verfahren ist beim BFH in der Revision anhängig.
Bis zu diesem Zeitpunkt ist die Rechtsprechung des FG bei Finanzierung von mittelbaren Unternehmensstrukturen (insbesondere Holding-Strukturen) zu beachten. Gerade der Verzicht auf eine angemessene Verzinsung kann steuerlich von Vorteil sein, liegt doch keine verdeckte Einlage vor (H 8.9 Nutzungsvorteil KStH).
Unabhängig von einer Verzinsung ist es jedoch empfehlenswert die Darlehensvereinbarung durch die Kette (Gesellschafter –> Holding –> operative Gesellschaft) zu vereinbaren.
Denn für den Fall des Ausfalls der Darlehensforderung kommt in mittelbaren Strukturen allenfalls ein Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG in Betracht, der gemäß § 20 Abs. 6 EStG nur mit positiven Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden kann. Die Ausnahme zum tariflichen Steuersatz nach § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe b) EStG ist seit dem VZ 2024 ausgeschlossen.Bei einer unmittelbaren Darlehensgewährung kommt im Fall des Ausfalls hingegen die Berücksichtigung des vollen Nennwerts der Darlehensforderung als nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung nach § 17 Abs. 2a Satz 3 Nr. 2 EStG in Betracht, der zu 60 % (§ 3c Abs. 2 EStG) mit allen positiven Einkünften verrechnet werden kann. Im Fall der Darlehensgewährung vor der Krise ist darauf zu achten, dass es sich um ein sog. „krisenbestimmtes Darlehen“ i.S. der Rn. 12 des BMF-Schreibens vom 07.06.2022 (BStBl. I 2022 S. 897) handelt.
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